Montag, 8. Juni 2009

Wo ist Carlos?...


Heute Morgen stand ich, Gedankenversunken, an einer Ampel, auf dem Weg zur Bushaltestelle, als urplötzlich eine junge Frau, die vor mir an der Ampel stand, austickte. Es war so, als ob das junge Fräulein, dessen Attraktivität ich schon von weitem „bewundert“ hatte, urplötzlich von einer Tarantel gestochen worden wäre.
Ja ich muss ehrlich zugeben, für Sekunden habe ich mich sogar erschreckt.
Noch eben hatte diese Frau ganz ruhig vor mir an der Ampel gestanden, und plötzlich führte sie, so erschien es mir zu erst, wütende Selbstgespräche.

„Was willst du noch von mir Carlos?“
„Was erwartest Du, los sag schon?“
„Ich habe dich gestern aufgefordert unsere Wohnung zu verlassen Carlos. Ich habe dich nicht darum gebeten, sondern es verlangt, verstehst du Carlos? Ich verlange es von dir!“
“Ob du mich verstehst?“
„Weißt Du was Du bist?“
„Ein Schwein bist du!“
„Ja das bist Du Carlos. Du bist ein Schwein“
„Ich habe so die Schnauze voll von dir.“
„Ich bin fertig mit dir, hörst du Carlos?!?“

Natürlich habe ich nach Carlos Ausschau gehalten. Genauso wie die anderen drei Fußgänger die an der Ampel standen. Wir schauten nach links, wir schauten nach rechts. Wir schauten uns gegenseitig an, aber wir konnten Carlos nicht finden!
Aber unsere spezielle Freundin sprach weiter in einem Ton, dass man schon richtig Mitleid mit Carlos haben musste, auch wenn er vielleicht ein Schwein war, wie sie ihn nannte.
Bis ich auf einmal merkte, und auch meine drei anderen „Leidensgenossen“, das die junge Frau nicht völlig Verrückt geworden war (jedenfalls möchte ich das mal glauben!), sondern das sie eine Freisprechanlage fürs Handy an ihrem Ohr hatte, und somit mit Carlos telefonisch übers Handy kommunizierte. So schien Carlos nicht nur eine Ausgeburt ihrer Fantasie zu sein, sondern er schien wirklich zu existieren. Nein, Carlos gab es wirklich. Er lebte und war irgendwo da draußen! Und natürlich wusste Carlos jetzt auch, dass er ein Schwein war, und dass er aus der gemeinsamen Wohnung zu verschwinden hatte. Er wusste jetzt auch das sie die Schnauze voll hatte von ihm und das sie mit ihm fertig war. Selbst wir, die wir völlig unbeteiligt an der Ampel standen, wussten es!
Und plötzlich hatte ich nicht nur Mitleid mit Carlos, sondern auch mit der Irren, die vor mir an der Ampel ins scheinbar Leere brüllte.
Und ich fragte mich, ob sich diese Kreatur darüber im Klaren war, welche Witzfigur sie da gerade abgab. Merkte sie es nicht, oder wollte sie es nicht merken, dass sie sich da zum Affen machte?
Ich meine solch ein Gespräch in der Öffentlichkeit zu führen ist schon peinlich. Aber solch ein Gespräch zu führen, und dabei auszusehen, als ob man Selbstgespräche führt, ist ultra peinlich.
Ich persönlich bin ja der Meinung Handys sollten überhaupt in der Öffentlichkeit verboten werde.
Aber Freisprechanlagen, die sollten erst recht geächtet werden, so wie Atomwaffen oder Landminen.

Als die Ampel endlich auf grün schaltete ging jeder seiner Wege. Aber ich kann Euch versichern, dass Carlos sich sicherlich noch einiges hat anhören müssen…

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