Dienstag, 9. Juni 2009

Yvette Davidofe – Flüchtling aus Deutschland


„Meine Mutter und ich und unser Hund, den wir schon aus Wien mitgebracht hatten, stiegen in Madrid in den Zug. Der Bahnhof war voller Polizei und Militär. Trotzdem saßen wir wirklich im Zug.
Aber wir hatten kein Geld mehr, um die Fahrkarten nach Lissabon zu bezahlen. Als der Kontrolleur kam, fragte meine Mutter ihn, ob er uns das Geld für die Fahrkarten nach Lissabon vorstrecken könne. Als Sicherheit bot sie ihm ihren Ehering an. Unsere größte Angst war es, in Spanien aus dem Zug geworfen zu werden. Denn dann hätte uns die spanische Polizei sofort nach Deutschland zurückgeschickt, und das wäre unser sicherer Tod gewesen.

Der Schaffner, ein junger Mensch in den Dreißigern, sagte:
„Nein, nein, Sie brauchen mir nichts zu geben. Ich werde ihre Fahrkarten bezahlen und auch das Abendessen im Zugrestaurant. Ich gebe ihnen meinen Namen und meine Adresse, und in der nächsten Woche können sie mir in Lissabon das Geld zurückgeben!“

So etwas hatten wir noch nie erlebt. Als wir nachts in Lissabon ankamen, hat er uns noch in ein Hotel geführt und gesagt, wir würden in den nächsten Tagen einen Scheck einlösen können und dann das Zimmer bezahlen.
Das war 1942 unser erster Kontakt mit Portugiesen, den ich nie vergessen werde.“

Yvette Davidofe, 20 Jahre,
Flüchtling aus Berlin
1950 in einem Interview

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