Dienstag, 18. August 2009

Wer waren die Märtyrer des Vaterlandes?


Einer meiner Lieblingsorte in Lissabon ist der „Campo dos Mártires da Pátria“, dessen Name auf deutsch „Platz der Märtyrer des Vaterlandes“ lautet.

Er liegt ziemlich zentral, im Stadtteil Pena, hat einen wunderschönen Park mit Freilaufenden Enten, Hühnern, Pfauen und Gänsen und heute befindet sich an ihm die Medizinischen Fakultät der Neuen Universität Lissabon (port.: Faculdade de Ciências Médicas da Universidade Nova de Lisboa), das Denkmal für den Arzt Dr. Sousa Martins und das Gebäude der Deutschen Botschaft (port.: Embaixada da República Federal da Alemanha), welches auch das Goetheinstitut beherbergt und indem einst Kaiser Wilhelm II residierte, als er Anfang des 20. Jahrhunderts Portugal einen Staatsbesuch machte.

Als Kind habe ich mich oft gefragt, wer denn die Märtyrer des Vaterlandes waren.
Später, als ich dann wusste wer die Märtyrer waren, hatte dieser drei Hektar große Platz für mich etwas sehr Mystisches an sich.
Und diese Mystik ist bis heute geblieben!

Schlägt man im Duden nach dem Wort „Märtyerer“ nach, dann kann man dort lesen, dass ein Märtyrer „ein Mensch ist, der wegen seiner religiösen, persönlichen oder politischen Meinung sehr große Opfer bringen musste, und aufgrund seiner Überzeugung dann oftmals auch sein Leben lassen musste“.
Die Märtyrer, denen dieser Platz mitten in Lissabon seinen Namen verdankt, mussten tatsächlich viel erleiden, bevor sie an einem kalten Oktobertag hier erhängt wurden.
Kein Denkmal, keine Gedenktafel erinnert heute an die Namen dieser Männer.

Bevor dieser Platz seinen heutigen Namen erhielt, kannten ihn die Lissabonner unter dem Namen „Campo de Santana“.
Überhaupt, nennen viele Lissabonner auch heute den „Campo dos Mártires da Pátria“ einfach „Campo de Santana“ (darunter auch meine eigene Mutter, die in der Nähe dieses Platzes vor 67 Jahren das Licht der Welt erblickte), obwohl er seit über 125 Jahren diesen Namen gar nicht mehr trägt.

Das liegt wohl daran, dass der Lissabonner an sich, nur äußerst ungern Namensänderungen in seiner Stadt akzeptiert. Aber dazu mehr in einem folgenden post.

Dieser geschichtsträchtige Platz hat schon vieles gesehen.
Er war, als er noch der Campo de Santana war, ein ländliches Fleckchen, mitten in der Stadt, umrahmt von Olivenbäumen.
An seiner Ostseite befand sich hier im 16. Jahrhundert der Schlachthof der Stadt. Später dann stand in seiner Mitte eine Stierkampfarena, die man 1891 abriss, um ein Jahr später die heute noch existierende Arena am Campo Pequeno einzuweihen.
Und im 19. Jahrhunderts fand hier immer der Lissabonner Flohmarkt „Feira da Ladra“ statt, bevor dieser in den heutigen „Campo de Santa Clara“ umzog.

Campo dos Mártires da Pátria heißt der Campo de Santana erst seit 1879, zum Gedenken an General Andrade und seine elf Anhänger, die sich gegen die Willkür des englischen Generals Beresford zur Wehr setzten, und hier am 18. Oktober 1817, nach langer Folter, den Tod durch den Strick fanden.

General Beresford herrschte, seit der Flucht der königlichen Familie Portugals vor den Truppen Napoleons nach Brasilien im Jahre 1807, brutal und diktatorisch über Portugal.
Portugal konnte damals nur mit englischer Hilfe weitere französische Invasionen abwehren, was sich die Briten teuer bezahlen ließen.
Dieser Diktatur wollten sich der portugiesische General Gomes Freire de Andrade (1757-1817) und seine elf Mitverschwörer widersetzen.
Sie hatten sich das Gedankengut der französischen Revolution zu Eigen gemacht, und versuchten den in absolutistischer Manier regierenden General Beresford weg zu putschen.

Ihre Revolte gegen die Briten wurde aber verraten und aufgedeckt, und alle zwölf Verschwörer wurden dann zum Tode verurteilt.
Zehn von ihnen wurden auf dem besagten Campo dos Mártires da Pátria hingerichtet.
Gomes Freire de Andrade selbst fand in der Festung „Forte de São Julião da Barra“, im Lissabonner Vorort Oeiras, den Tod durch den Strang.

Es wird berichtet, dass in den Morgenstunden des 18. Oktobers 1817, als diese Männer zum Hinrichtungsplatz am Campo Santana geführt wurden, die Anwohner des Platzes demonstrativ ihre Fensterläden und Türen verschlossen, um der Hinrichtung nicht beiwohnen zu müssen.
An der Hinrichtung selbst nahmen außer einigen britischen Schaulustigen keine Bürger der Stadt teil.

Einer der Verschwörer, der preußische Offizier Friedrich Christian Freiherr von Eben und Brunnen wurde damals, wohl aus Mangel an Beweisen, begnadigt und dann des Landes verwiesen.
Nichtsdestotrotz gilt Barão de Eben, wie er hierzulande genannt wird, heute noch als einer der zwölf Märtyrer der liberalen Bewegung in Portugal.

Die zwölf Märtyrer des Vaterlandes waren:

- General Gomes Freire de Andrade e Castro
- Oberst Coronel Veríssimo Ferreira da Costa
- Hauptmann Capitão José Dionísio Serra
- António Furtado Lemos
- Hauptmann Capitão Pedro Figueiró
- Hauptmann Capitão Cipriano Lopes Andrade
- José Campelo de Miranda
- Manuel Inácio Figueiredo
- der Abt von Carrazedo
- der Architekt Francisco Sousa
- Oberst Coronel Manuel Monteiro e Carvalho
- Friedrich Christian Freiherr von Eben und Brunnen


Mit diesem post, hier in meinem Blog, möchte ich nun diesen zwölf Männern ein virtuelles Denkmal, eine virtuelle Gedenktafel, setzen!
Ich hoffe dies ist mir gelungen.

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