Donnerstag, 23. September 2010

Bunte Gesellen im Jardim do Torel



Ein altes chinesisches Sprichwort sagt:

„Die schönsten Gärten sind nicht die mit den schönsten Blumen, sondern die, die Überraschungen vorzuweisen haben“,
oder so ähnlich.

Welche Überraschung kann ein Garten, ein Park uns wohl heutzutage vorweisen?
Vielleicht fliegende Elfen oder bezaubernde Feen?
Vielleicht freche Kobolde oder Gartenzwerge, die tagsüber regungslos da stehen und in der Nacht dann ihr Unwesen treiben?
Oder ist eher ein bunter Schmetterling im Winter eine Überraschung oder vielleicht doch ein bunter Vogel im Sommer?

Also bunter Vogel klingt schon mal gar nicht so schlecht!

Man stelle sich vor in einem ganz normalen Lissabonner Park würde es frei fliegende, bunte Papageien geben.
Wäre das nicht eine Überraschung?

Man braucht sich das gar nicht vorzustellen, denn es gibt sie wirklich.
Im Lissabonner Jardim do Torel (dt.: Torel-Park), unweit der Deutschen Botschaft und des Goethe-Instituts, gibt es frei lebende Papageien (port.: papagaio).
Also um ehrlich zu sein sind es keine Papageien, sondern Großsittiche.
Aber für einen Portugiesen ist jeder Vogel, der bunt ist, kreischt und einen gekrümmten Schnabel hat, automatisch ein Papagei.

Letztes Jahr, nach einem Besuch im Goethe-Institut, nahm ich eine Abkürzung über den Jardim do Torel, um schneller in der Unterstadt (port.: Baixa) zu sein.
Als ich so durch den Park ging, hörte ich ein freches, ich möchte schon fast sagen, spöttisches Kreischen und pfeifen.
Als ich zu einem der Bäume hinaufschaute sah ich zwei Großsittiche auf ihm sitzen, die beide einen ganz zufriedenen Eindruck machten.
Ich blieb stehen fotografierte sie ganz stolz und konnte mein Glück kaum fassen solch originelle Fotos gemacht zu haben.
Schließlich kannte ich frei fliegende Papageien und Sittiche in Stadtparks, bis dahin nur aus meinen diversen Urlauben in Brasilien.

Erst Wochen später erfuhr ich durch einen Gärtner des Parks, dass es an die 10 Großsittiche sein sollen, die sich im Torel-Park tummeln.
Man sieht sie sich sogar paaren, doch man hat nie ein Nest von ihnen gefunden; wahrscheinlich weil die entsprechenden Nistkisten fehlen.

Als ich dieser Tage wieder durch den Jardim do Torel ging, da sah ich sie wieder, diesmal fünf von ihnen.
Sie haben es doch tatsächlich geschafft im Park zu überwintern, und sind dieser kleinen Oase, mitten in Lissabon, treu geblieben. Vielleicht wegen den vielen Obstbäumen, die ihnen Nahrung geben.

Da ich kein Ornithologe bin, weiß ich nicht genau welcher Gattung diese Großsittiche angehören. Man hat mir aber gesagt es handelt sich bei diesen Tieren um Blaukopfsittiche (port.: periquitões-de-cabeça-azul / lat.: Aratinga acuticaudata).
Ob dem so ist, weiß mich nicht.
Aber ich weiß das es wohl eines der außergewöhnlichsten Erfahrungen ist, einer Gruppe frei lebender Papageien (Entschuldigung, ich bin Portugiese. Ich meine natürlich Großsittiche!) mitten in Europa, wo man doch eher Amsel, Fink und Star erwartet, zu begegnen.

Wenn sie diese bunten Gesellen auch einmal sehen wollen:
der Jardim do Torel ist, wie schon beschrieben, unweit der Deutschen Botschaft, am Campo Mártires da Pátria.
Er befindet sich im Stadtteil São José, auf der Anhöhe einer der sieben Hügel der Stadt.
Von dort hat man einen wunderschönen Panoramablick auf die Avenida da Liberdade und auf São Pedro de Alcântara.
Der Haupteingang ist an der Rua Júlio de Andrade, neben dem Aufzug Lavra (port.: Elevador da Lavra).
Dieser 1 h große Park ist nicht nur einer der schönsten Aussichtspunkte der Stadt und nicht nur das Zuhause frei lebender Papageien, sondern er ist vor allem eine Oase für jeden der gerne Mal dem Trubel der Großstadt entfliehen will.

Wie heißt es doch gleich im chinesischen Sprichwort noch einmal?

„Die schönsten Gärten sind nicht die mit den schönsten Blumen, sondern die, die Überraschungen vorzuweisen haben“

Wie wahr, wie wahr, wie wahr…

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