Mittwoch, 2. März 2011

Torre do Tombo






Am letzten Samstag fuhr ich durch den Campus der Lissabonner Universität (port.: Universidade de Lisboa), im Stadtteil Campo Grande, und ich kam an einem Gebäude vorbei, der imposant aus allen anderen hervorragt, dem Torre do Tombo.

Der Torre do Tombo (dt.: Tomboturm) ist ein öffentliches Archiv das als Zentralarchiv der portugiesischen Nation fungiert, und in dem seit über 600 Jahren alle wichtigen und staatsrelevanten Urkunden, Akten, Dokumente und Schriftstücke Portugals aufbewahrt werden.
Aus dem Mittelalter stammend, und mit über 600 Jahren Geschichte, ist der Torre do Tombo, bzw. das Nationalarchiv, eines der ältesten bestehenden Institutionen der portugiesischen Nation.
Der Titel eines „guarda-mor“ (dt.: Oberster Wächter / Hauptwächter), für den Direktor des Nationalarchivs, ist somit eines der ältesten Titel den der portugiesische Staat zu vergeben hat.
Berühmte guarda-mores waren z.B. Damião de Góis, Fernão Lopes, Gomes Eanes de Zurara und Manuel da Maia.

Seinen Ursprung hat das Nationalarchiv im Jahre 1378, als damals im Hauptturm der Lissabonner Burg Castelo de São Jorge, der so genanten Torre do Tombo, alle wichtigen staatsrelevanten Urkunden und Verträge des Königreiches, gesammelt wurden.
Da sich das Archiv auf der königlichen Burg befand, war das Archiv zu aller erst ein königliches Archiv, bevor er mit der Zeit zum Nationalarchiv wurde.
Diesen Turm gibt es heute leider nicht mehr, da er beim großen Erdbeben im Jahre 1755 völlig zerstört wurde.
Da damals beim Erdbeben aber kein Feuer in der Burg ausbrach, konnten viele geschichtlich-wertvollen Dokumente gerettet werden und bis in die heutige Zeit überdauern.
Die Tatsache, das die Akten und Dokumente des Nationalarchiv beim großen Erdbeben von 1755 so gut wie keinen Schaden nahmen, bedeutet nicht, das das Nationalarchiv über die Jahrhunderte hinweg nicht schwere Krisen überstehen musste.

Die drei verlustreichsten Episoden des Nationalarchivs waren ohne Zweifel die „Filippinische Zeit“ von 1580 – 1640, als die spanischen Könige Filipp II, Filipp III und Filipp IV über Portugal mit absoluter Macht herrschten, und viele Dokumente, vor allem die der Seefahrt- und Entdeckungszeit, in dieser Zeit ins spanische Nationalarchiv von Madrid verschwanden.
Dann war, wie ich schon erwähnte, das Erdbeben vom 01. November 1755, sehr verlustreich für das Archiv, weil es vollkommen zerstört wurde.
Und als dritte, sehr verlustreiche Episode für das Nationalarchiv, gilt die Flucht der portugiesischen Königsfamilie vor den Truppen Napoleons nach Brasilien, im Jahre 1808.
Damals wurde die portugiesische Hauptstadt von Lissabon nach Rio de Janeiro verlegt, und wie alle anderen politischen und kulturellen Institutionen, so musste auch das Nationalarchiv von Portugal nach Brasilien ziehen. Bei diesem Umzug gingen natürlich immens viele Dokumente und Akten der portugiesischen Geschichte unwiederbringlich verloren.

1755 wurde das Nationalarchiv in die Calçada da Estrela verlegt, in das durch das Erdbeben damals nicht zerstörte Benediktinermünster der Gesundheit (port.: Mosteiro de São Bento da Saúde), dem heutigen Benediktinerpalast (port.: Palácio de São Bento), wo es bis 1990 auch blieb.
Obwohl das Nationalarchiv sich nun in einem anderen Gebäude befand, behielt es den Namen „Torre do Tombo“ bei.

Erst 1991 kam das Nationalarchiv der Torre do Tombo (port.: Arquivo Nacional da Torre do Tombo) auf den Campus der Lissabonner Universität.
Dort verteilt er sich auf drei Gebäude und 55.000 m².
In dem einen Gebäude befindet sich die Verwaltung des Nationalarchivs, in einem anderen befindet sich ein Museum, in dem auch kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden, und im dritten Gebäude befindet sich das eigentliche Nationalarchiv, in dem auf über 100 Regalkilometern wichtige und geschichtliche Schriftstücke aufbewahrt werden, darunter ein Dokument aus dem Jahre 882, aus der Maurenzeit also, welches das älteste Schriftstück der Torre do Tombo ist, weiterhin über 400 Papsturkunden, über 40.000 Dokumente aus der Zeit der Seefahrten und Entdeckungen und über 36.000 Akten aus den Zeiten der Inquisition.
Das für einen Portugiesen aber wohl wichtigste Schriftstück, das im Archiv der Torre do Tombo lagert, ist wohl die Päpstliche Bulle „Manifestis probatum“, datiert vom 23. Mai 1179, in der Papst Alexander III (port.: Alexandre III), die Unabhängigkeit Portugals „für immer und unwiderruflich“ anerkennt und bestätigt.

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