Freitag, 9. September 2011

Aaron Lopez


Heute vor 280 Jahren, am 09. September 1731, wurde im Lissabonner Stadtteil Santa Catarina der junge Duarte Lopes geboren.
Er war der Sohn konvertierter Juden, die zwar öffentlich dem katholischen Glauben angehörten, im Geheimen aber weiterhin ihre jüdische Religion ausübten.

Wie alle Konvertierten seiner Zeit durchlief Duarte eine sehr konservativ-katholische Ausbildung, die mehr den Anschein für die Öffentlichkeit wahren sollte, als auf ehrlichen Glauben beruhte.
Schon sehr jung arbeitete er im Stadtteil Santos im Laden seines Vaters, der Tabakimporteur war, und erlernte dort den Beruf des
Kaufmanns von der Pike auf.

Im Jahre 1750, im Alter von 19 Jahren, heiratet Duarte Lopes die junge Ana, die ebenfalls aus einer konvertierten Familie stammte, und die ihm zwei Jahre nach der Hochzeit eine Tochter schenkt, die auf den Namen Catarina getauft wird.

Kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter, im Jahre 1752, wandert Duarte mit seiner kleinen Familie nach Nordamerika aus.
Er zieht in die Stadt Newport, im heutigen Bundesstaat Rhode Island, wohin sein Bruder José schon Jahre zuvor ausgewandert war, und wo dieser unter seinem neuen jüdischen Vornamen Moses Lopez, den er nach seiner Ankunft in der neuen Welt erhalten hat, erfolgreich Handel treibt.

In Amerika intensiviert Duarte seinen bis dahin nur heimlich praktizierten jüdischen Glauben.
Er ändert seinen bisherigen Familiennamen Lopes in Lopez um und aus den bisherigen portugiesischen Vornamen Duarte, Ana und Catarina werden die jüdisch-neuenglischen Namen Aaron, Abigail und Sarah.

In Newport eröffnet er einen Gemischtwarenhandel in dem er so alles vertreibt was Geld einbringt.
Bereits 1755 hat er geschäftliche Beziehungen in ganz Rhode Island und in den Städten Boston und New York ist er ein angesehener Geschäftsmann.

Seine ersten erfolgreichen Geschäfte macht er mit dem Handel von Walfett, auch Walrat genannt, (port.: espermacete), aus dem man damals Kerzen herstellte.
1756 beschließt Lopez nun nicht nur mit dem Walfett zu handeln, sondern errichtet in Newport seine eigene Kerzenfabrik.
Um 1760 gibt es bereits ein Dutzend solcher Kerzenfabriken in Neuengland.
Die Walfänger, die meisten von ihnen selber Portugiesen, können alsbald nicht mehr den begehrten Rohstoff liefern und so steigen die Preise für Walfett und Walöl ins unermessliche.
Um einen bevorstehenden wirtschaftlichen Kollaps zu verhindern, schließt sich Aaron Lopez 1761, mit acht weiteren Konkurrenten, zu einer Treuhandgesellschaft (engl.: trust company) zusammen.

Jetzt, da die Gesellschaft gegründet und die Konkurrenz kontrollierbar war, expandierte Lopez seine Geschäfte.
Er baute Handelsbeziehungen mit seiner alten Heimat Portugal auf, und durch Portugal war er auch an den Ostindiengeschäften beteiligt.

1761 begann Aaron Lopez sich am lukrativen amerikanischen Sklavenhandel zu beteiligen.
Bis 1775, dem Beginn des amerikanischen Bürgerkrieges, befuhren in seinem Auftrag insgesamt 30 Schiffe den Atlantischen Ozean und transportierten die „Ware“ Mensch.

Mitte 1761 reicht Lopez beim Obersten Gerichthof von Rhode Island ein Einbürgerungsgesuch ein.
Dieser wird ihm, obwohl das Einbürgerungsgesetz „British Naturalization Act“ von 1740, besagt das jeder Bürger der sieben Jahre in der Kolonie gelebt hat, unabhängig seiner Religion, das Anrecht auf die britische Staatsbürgerschaft hat, grundlos verweigert.
Lopez sieht sich diskriminiert und reicht erneut ein Einbürgerungsgesuch beim Obersten Gerichtshof ein.
Dieser wird ihm am 11. März 1762, mit den niederschmetternden Worten „Mister Aaron Lopez could not become a citizens of Rhode Island“, zum zweiten Mal verweigert, diesmal allerdings mit der Begründung, dass nur Bürger christlichen Glaubens vollwertige Bürger von Rhode Island werden können.

Aaron Lopez gibt sich durch diese Gerichtsentscheidung aber nicht geschlagen und zieht im April 1762 zeitweise in die Stadt Swansea, in die Nachbarschaftskolonie Massachusetts, wo er erneut die Einbürgerung in Neuengland beantragt.
Hier in Massachusetts erhält er am 15. Oktober 1762, die Langersehnte britische Staatsbürgerschaft und wird der erste vollwertige jüdische Bürger der Kolonie.
Nachdem er die neue Staatsbürgerschaft hat, zieht er wieder nach Rhode Island zurück, wo er fortan, ohne nachtragend zu sein, einer der angesehensten Bürger Newports wird.

Bis 1770 galt Aaron Lopez, der in gutbürgerlichen aber nicht wohlhabenden Verhältnissen groß geworden war, nicht nur als der angesehnste Einwohner von Newport, sondern auch als der reichste Mann der Stadt. Er führte doppelt so viel Steuern ab, wie jeder andere Einwohner der Stadt.
Lopez unterstützte verschiedene kulturelle Projekte in Newport.
So beschenkte er z.B. die Bibliothek der Stadt regelmäßig mit neuen Büchern und er war auch einer der Mitbegründer des Rhode Island College, der später nach Providence umzog, und aus dem die heutige renommierte Brown University hervorgeht.

Das Geheimnis seines Erfolgs ist zweifellos daraufhin zu führen, dass er in den verschiedensten Sparten tätig war.
Er handelte praktisch mit allem.
Er handelte und produzierte nicht nur mit Walfett und Kerzen, sondern auch mit Schiffen, Fässern, Rum, Schokolade, Textilien, Schuhen, Hüten, Glas und, wie schon erwähnt, auch mit Sklaven.

Ab 1770 fing aber Aaron Lopez Stern zu sinken an.
Da die Beziehungen der englisch-amerikanischen Kolonien mit dem englischen Mutterland immer schwieriger wurden, stagnierten die Geschäfte von Lopez immer öfters.
Im April 1774 beschließen die Neuenglandstaaten einen wirtschaftlichen Boykott gegen Großbritannien.
Im Oktober desselben Jahres schließt die britische Marine den Hafen von Newport, was den Geschäften von Aaron Lopez unheimlich schadet.

Anfang 1776, der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg (engl.: American War of Independence) ist im vollen Gange, zieht er mit seiner Ehefrau in die Stadt Portsmouth um.
Aber hier bleiben Aaron und Abigail nicht für lange. Sie ziehen weiter nach Providence und Boston, bis sie sich schließlich in Leicester, im heutigen Bundesstaat Massachusetts, niederlassen.
Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg, der im April 1775 begonnen hatte und noch bis September 1783 dauern sollte, wird für Aaron Lopez ruinös ausgehen.

Obwohl er nun mit seiner Familie in Leicester lebt, ziehen ihn die Geschäfte auch weiterhin nach Rhode Island.
Auf einer seiner üblichen Geschäftsreisen, die er nach Newport macht, stürzt am 28 Mai 1782 seine Kutsche in den Dark Brook Lake.
Lopez kann sich aus der Kutsche nicht befreien und ertrinkt in dieser.
Tags darauf wird er, wie es die jüdische Tradition verlangt, auf dem jüdischen Friedhof von Newport beigesetzt.

Aaron Lopez starb so außergewöhnlich wie er gelebt hatte.
Er war ohne Zweifel der erfolgreichste und streitbarste Jude seiner Zeit in der Neuen Welt.

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