Dienstag, 27. September 2011

Alheira


In meinem Beitrag „Die 7 Wunder der portugiesischen Gastronomie“, vom 20. September 2011, zähle ich die sieben kulinarischen Spezialitäten auf, die beim Wettbewerb der typisch traditionellen portugiesischen Küche, der Anfang dieses Monats stattgefunden hat, den Sieg davontrugen.

Eines dieser Leckereien, das als Sieger gekürt wurde, ist die in Portugal sehr beliebte und bekannte „Alheira“.
Ich bin heute gefragt worden, was denn eine „Alheira“ sei und wie sie denn so schmecken würde.

Nun, bei der „Alheira“ handelt es sich um eine Wurstspezialität aus dem Norden Portugals, die heute hauptsächlich aus Schweinefleisch und Brot besteht, früher aber eben nicht aus Schweinefleisch bestand, sondern lediglich aus anderen Fleischsorten, wie Hühnchen, Lamm, Ente, Rind, Kalb oder Kaninchen.
Und um gleich die zweite Frage zu beantworten:
Ja, sie schmeckt sehr lecker!

Die Alheira ist eine Erfindung portugiesischer Juden des 16. Jahrhunderts, die dank der Inquisition die damals in Portugal eingeführt wurde, leider nur zwei Möglichkeiten hatten um am Leben zu bleiben.
Entweder sie gingen mehr oder weniger freiwillig ins Exil oder aber sie konvertierten zum katholischen Glauben.
Viele, die sich damals für die Konvertierung entschlossen, übten aber nach dem Übertritt zum Katholizismus weiterhin, im Verborgenen, ihren ursprünglichen jüdischen Glauben aus.

Früher war es in Portugal üblich, die daheim hergestellten Wurstwaren in einem gemeinschaftlichen Räucherofen zu bringen und sie dort alle zusammen zu räuchern.
Da aber die jüdische Religion die Zubereitung und den Verzehr von Schweinefleisch heute wie damals verbietet, kamen die jüdischen Bürger nicht zur Räucherung und konnten so leicht von den anderen Einwohnern identifiziert werden und somit an die allmächtige Inquisition verraten werden.

Um ihr Leben zu retten, begannen die Juden Würste aus anderen Fleischsorten, wie Kalb-, Rind- oder Hähnchenfleisch herzustellen, vermischten das Fleisch mit Brot oder Brotteig, und brachten dann diese koscheren Würste in den Gemeindeofen zum räuchern.
So hatten sie einerseits ihre jüdische Tradition bewahrt, kein Schweinefleisch essen zu müssen, und andererseits nahmen sie offen am Gemeinschaftsleben teil.
Die Christen aber, von den Juden hinters Licht geführt, glaubten nun, ihre jüdischen Mitbürger hätten sich assimiliert und fingen nun selbst an schmackhafte Alheiras herzustellen, allerdings mit Schweinefleisch.

Heute besteht eine Alheira normalerweise aus gekochtem Schweinefleisch, Speck und zu gut einem Drittel aus Weißbrot.
Aber es gibt sie auch noch traditionell aus Rindfleisch, Geflügel und Wild und seit kurzem sogar aus dem in Portugal allgegenwärtigen Bacalhau (dt.Stockfisch).
Aber egal welche Fleischsorte man für diese Wurst auch immer verwendet, die Produktion an sich ist immer die gleiche.

Das Fleisch wird zuerst mit Salz, Pfeffer, Knoblauch und Paprika gewürzt, dann durch den Fleischwolf gedreht und anschließend wird die so entstandene Masse in Schweine- oder Lammdärme zu Würsten von ca. 30 cm abgedreht.
Danach wird die Alheira zu einem Hufeisen geformt und dann über eine Woche hinweg, jeweils zwei bis drei Stunden täglich, geräuchert.

In Nordportugal, genauer gesagt in der Gegend um die Stadt Mirandela, in der Region um Trás-os-Montes, dort wo die Alheira ursprünglich her ist, wird sie traditionell frittiert mit gekochten Kartoffeln und Gemüse und ein paar Olivenölspritzern serviert und gegessen.
Weiter südlich, auch hier im Lissabonner Raum, wird sie gerne mit Pommes Frites, einem Spiegelei und frischem Salat angeboten.

Aus der ehemals geheimen Wurst der konvertierten Juden ist heute ein ganz normales Essen geworden, das überall hier in Portugal angeboten wird.
Oftmals ist sie das billigste Gericht auf der Speisekarte, was nicht heißen soll das sie auch billig schmecken muss.
Im Gegenteil, eine schmackhafte Alheira, zumal eine aus Wild oder Kaninchenfleisch, kann der reinste Gaumenschmaus sein!

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