Donnerstag, 31. Januar 2013

Die Vierzig Märtyrer von Brasilien


In meinem letzten Blogeintrag „Das Landgut Quinta de Vale do Rosal“, das ich vor wenigen Tagen hier veröffentlicht habe, habe ich im Text von den Vierzig Märtyrer von Brasilien erzählt.
Ich wurde nun gestern gefragt, wer denn diese 40 Märtyrer eigentlich waren, bzw. woher sie kamen.

Nun, leider ist heute, außer den Namen dieser 40 Männer und ihre Herkunft, noch kaum etwas über sie bekannt.
Das hängt damit zusammen, das als die Jesuiten im Jahre 1579 aus Portugal verbannt und viele ihrer Klöster und Kirchen systematisch geplündert und vandalisiert wurden, damals auch viele Archive mit wertvollen Schriften, Notizen und Daten unwiederbringlich zerstört wurden, und somit viele wichtige Aufzeichnungen verloren gingen – auch die über diese vierzig Männer.

Die, die heute als die „40 Märtyrer Brasiliens“ bekannt sind, gehörten einer Gruppe von ca. 70 jungen Männern an, die meisten von ihnen Theologiestudenten, die fast alle zwischen 20 und 30 Jahren alt waren und aus Portugal und Spanien stammten.
Im Januar 1570 trafen sie sich alle in der Quinta de Vale do Rosal, bei Almada, um dort von dem 43jährigen Jesuitenpater Inácio de Azavedo den letzten geistigen Schliff zu erhalten, bevor sie sich gemeinsam auf dem Weg nach Brasilien machten, um dort Indios zu missionieren.
Der Theologe Inácio de Azavedo hatte schon zwischen den Jahren 1565 und 1568 in Brasilien Indios bekehrt und war nun vom Jesuitenorden auserkoren worden, der Leiter der neuen Mission zu sein.
Fünf Monate, bis Ende Mai 1570, blieben die Kirchenmänner in der Quinta de Vale do Rosal, in Charneca da Caparica, wo sie alle körperliche und selige Kraft für ihre zukünftige Aufgabe in Brasilien tankten.

Am 05. Juni 1570 bestiegen sie in Lissabon das Handelsschiff „Santiago“, welches sie nach Brasilien bringen sollte. Insgesamt waren 86 Personen, 70 Jesuiten und 16 Seemänner, an Bord.
Am 12. Juni machten sie ihren ersten Zwischenhalt auf der Insel Madeira, wo sie bis zum Ende des Monates blieben.
Anfang Juli bestieg Pater Inácio de Azavedo mit 39 seiner Gefährten erneut die „Santiago“, um die Weiterfahrt nach Brasilien fortzuführen.

Am Morgen des 15. Juli 1570 wurden sie, wenige Seemeilen vor der Ortschaft Tazacorte, auf der Kanareninsel La Palma, von dem aus Frankreich stammenden hugenottischen Freibeuter Jacques de Soures und seinen Männern überfallen.
De Soures, der den wenig schmeichelhaften Beinamen „L’Ange Exterminateur“ (dt.: „der Würgeengel“) trug, war ein gefürchteter Pirat, der für seine Raubzüge, seine Plünderungen und seine rohe Gewalt berühmtberüchtigt war.

Jacques de Soures war außerdem ein radikaler Calvinist, der für seinen Hass gegenüber der Katholischen Kirche und ihren Kirchenmännern bekannt war.
Als er und seine Mannen die „Santiago“ enterten, war das Schicksal der Jesuiten damals so gut wie besiegelt.

Angesichts der gewaltsamen Behandlung durch die Piraten, soll sich Pater Inácio de Azavedo an seine Glaubensbrüder auf dem Schiff gewandt haben, und der Überlieferung nach, folgende Worte gesagt haben:

 „Irmãos, preparemo-nos todos, porque hoje vamos povoar o Céu.
Ponhamo-nos todos em oração e façamos de conta que esta é a última hora que temos de vida“
(dt.: „Brüder, bereiten wir uns alle vor, noch heute den Himmel zu bevölkern.
Beten wir alle, so als ob dies die letzte Stunde unseres Lebens sei.“)

Jacques de Soures soll ihm daraufhin geantwortet haben:

„Pfaffe, du brauchst nicht so zu tun, als ob dies deine letzte Stunde auf Erden sei. Dein letztes Stündchen hat jetzt und hier wirklich geschlagen!“

Nach diesen Worten soll Soures dem Jesuitenpater gewaltsam auf den Kopf geschlagen, und ihn dann ins kalte Wasser des Atlantiks gestoßen haben, wo dieser schließlich ertrank.

Inácio de Azavedos Gefährten erging es keinesfalls besser – sie wurden alle grausam getötet, entweder erschlagen, erstochen oder ins Meer gestoßen, wo sie letztendlich auch ertranken.
Die Namen dieser Kirchenmänner, die heute unter dem Namen „Vierig Märtyrer Brasiliens“ bekannt sind, waren:

1. Pater Inácio de Azevedo, Pfarrer und Leiter der Mission (geb. 1527 in Porto, Portugal)
2. Pater Diogo de Andrade, Pfarrer (geb. in Pedrógão Grande / Beira Litoral, Portugal)
3. Bruder Aleixo Delgado, Theologiestudent (geb. in Elvas / Alentejo, Portugal)
4. Bruder Alonso de Baena, Kaplan (geb. in Villatobas, Toledo, Spanien)
5. Bruder Álvaro Mendes Borralho, Theologiestudent (geb. in Elvas / Alentejo, Portugal)
6. Bruder André Gonçalves, Theologiestudent (geb. in Viana do Alentejo, Portugal)
7. Bruder Amaro Vaz, Kaplan (geb. in Benviver bei Marco de Canavezes / Douro Litoral, Portugal)
8. Bruder António Correia, Theologiestudent (geb. in Porto, Portugal)
9. Bruder António Fernandes, Kaplan (geb. in Montemor-o-Novo / Alentejo, Portugal)
10. Bruder António Soares, Theologiestudent (geb. in Trancoso / Beira Alta, Portugal)
11. Bruder Bento de Castro, Theologiestudent (geb. In Chacim, bei Macedo de Cavaleiros / Trás-os-Montes, Portugal)
12. Bruder Brás Ribeiro, Kaplan (geb. in Braga / Minho, Portugal)
13. Bruder Diogo Pires Mimoso, Theologiestudent (geb. in Nisa / Alentejo, Portugal)
14. Bruder Domingos Fernandes, Theologiestudent (geb. in Borba / Alentejo, Portugal)
15. Bruder Esteban de Zuraire, Kaplan (geb. in Amescoa, Biskaya, Spanien)
16. Bruder Fernán Sanchez, Theologiestudent (geb. in Castela-a-Velha, Spanien)
17. Bruder Francisco Álvares, Kaplan (geb. in Covilhã / Beira Baixa, Portugal)
18. Bruder Francisco de Magalhães, Theologiestudent (geb. in Alcácer do Sal / Alentejo, Portugal)
19. Bruder Francisco Pérez Godói, Theologiestudent (geb. in Torrijos, Toledo, Spanien)
20. Bruder Gaspar Álvares, Theologiestudent (geb. in Porto, Portugal)
21. Bruder Gonçalo Henriques, Theologiestudent (geb. in Porto, Portugal)
22. Bruder Gregório Escribano, Kaplan (geb. Viguera, Logroño, Spanien)
23. Bruder João Adaucto, Novize (geb. in Entre Douro e Minho, Portugal)
24. Bruder João Fernandes, Theologiestudent (geb. in Braga / Minho, Portugal)
25. Bruder João Fernandes, Theologiestudent (geb. in Lissabon, Portugal)
26. Bruder Juan de Mayorga, Kaplan (geb. in Saint-Jean-Pied-de-Port, ehemals Navarra, heute Frankreich)
27. Bruder Juan de San Martín, Theologiestudent (geb. in Yuncos, Toledo, Spanien)
28. Bruder Juan de Zafra, Kaplan (geb. in Jerez de Badajoz, Spanien)
29. Bruder Luís Correia, Theologiestudent (geb. in Évora / Alentejo, Portugal)
30. Bruder Luís Rodrigues, Theologiestudent (geb. in Évora / Alentejo, Portugal)
31. Bruder Manuel Álvares, Kaplan (geb. in Estremoz / Alentejo, Portugal)
32. Bruder Manuel Fernandes, Theologiestudent (geb. in Celorico da Beira / Beira Alta, Portugal)
33. Bruder Manuel Pacheco, Theologiestudent (geb. in Ceuta, ehemals Portugal, heute Spanien)
34. Bruder Manuel Rodrigues, Theologiestudent (geb. in Alcochete / Ribatejo, Portugal)
35. Bruder Marcos Caldeira, (geb. in Vila da Feira, Portugal)
36. Bruder Nicolau Diniz, Theologiestudent (geb. in Bragança / Trás-os-Montes, Portugal)
37. Bruder Pedro Fontoura, Kaplan (geb. in Chaves / Trás-os-Montes, Portugal)
38. Bruder Pero Nunes, Theologiestudent (geb. in Fronteira / Alentejo, Portugal)
39. Bruder Simão da Costa, Kaplan (geb. in Porto, Portugal)
40. Bruder Simão Lopes, Theologiestudent (geb. in Ourém / Beira Litoral, Portugal)

284 Jahre nach dem Tod dieser vierzig Gottesmänner, sprach Papst Pius IX Inácio de Azavedo und seine Gefährten am 11. Mai 1854 in Rom selig.
Die Katholische Kirche feiert die Märtyrer jedes Jahr am 15. Juli!

Sonntag, 27. Januar 2013

Das Landgut Quinta de Vale do Rosal

Unweit meines Wohnortes, im kleinen Ort Charneca da Caparica, gibt es ein altes, in den letzten Jahren leider etwas heruntergekommenes Landgut, das den Namen „Quinta de Vale do Rosal“ (dt.: Landgut des Tales des Rosenstockes) trägt, und das sehr idyllisch gelegen ist.
Einige, vor allem Brasilianer, kennen das Landgut auch unter seinem zweiten Namen „Quinta dos Quarenta Mártires“ (dt.: Landgut der Vierzig Märtyrer).
Wie die Quinta zu diesem Namen kommt, werde ich etwas später hier im Text erklären.

Als ich gestern Mittag an dem Landgut vorbeifuhr, musste ich traurig feststellen, das der Orkan, der vor genau acht Tagen hier in Portugal heftig gewütet und mancherorts für viele Zerstörungen gesorgt hat, auch die Quinta de Vale do Rosal nicht verschont hat.
Eine riesige Zypresse, die majestätisch an der Toreinfahrt gestanden hatte, ragte nun, umgeknickt, über die Mauer des Landgutes, und ist nun wohl unwiderruflich verloren.
Sicherlich, man findet im Park der Quinta de Vale do Rosal viele schöne und seltene Bäume, aber diese über 300 Jahre alte prächtige Zypresse war wohl eines der schönsten ihrer Art hier in Portugal.

Die Quinta de Vale do Rosal geht auf das Jahr 1559 zurück, als Mitglieder der Gesellschaft Jesu (port.: Companhia de Jesus / lat.: Societas Jesu) hier ein Kloster mit Spital und Kolleg gründeten, den sie das Kloster Unserer Lieben Frau zur Rose (port.: Convento de Nossa Senhora da Rosa) nannten.
Hier pflegten sie Kranke und bildeten später auch ihre Novizen aus, bevor diese nach Indien, China, Japan und Lateinamerika gingen, um dort zu missionieren.

Mitte des 16. Jahrhunderts errichteten die Jesuiten auf dem Gebiet der Quinta, auf einer Anhöhe die im Volksmund bis heute Monte da Cruz genannt wird, ein Holzkreuz, wo sie oft zum beten zusammenkamen.
Im 19. Jahrhundert wurde dann das hölzerne Kruzifix durch ein Kreuz aus Stein ersetzt.
Dieses Kreuz ist auch heute noch ein wichtiger geistiger Treffpunkt, nicht nur für die Bevölkerung von Charneca da Caparica, sondern auch für viele andere Gläubige aus ganz Portugal und Übersee.

Im Januar 1570 ließ sich der Jesuitenpater Inácio de Azevedo mit 40 jungen Schülern des Ordens für fünf Monate auf der Quinta de Vale do Rosal nieder, und sicherlich haben auch sie dann auch vor besagten Holzkreuz gebetet.
Hier wollten sie körperliche, selige und geistige Kraft tanken, bevor sie sich alle auf dem Weg nach Brasilien machten, wo sie im Süden der damaligen portugiesischen Kolonie die Indios bekehren wollten.
Diese 40 Gottesmänner, die im Juli 1570 alle den Märtyrertod vor den kanarischen Inseln sterben sollten und somit niemals bis nach Brasilien kamen, sind in die Geschichtsbücher als die „Die Vierzig Märtyrer Brasiliens“ (port.: „Os Quarenta Mártires do Brasil“) eingegangen.
Papst Pius IX sprach sie alle, 284 Jahre später, am 11. Mai 1854, in Rom selig.

Als im September 1759 auf Anweisung des Marques de Pombal, seines Amtes Premierminister von König José I, die Jesuiten aus Portugal und seinen Kolonien vertrieben und die ganzen Güter und Besitztümer des Ordens beschlagnahmt wurden, fiel auch, genau 200 Jahre nach ihrer Gründung, die Quinta de Vale do Rosal in den Besitz des portugiesischen Staates.
Erst nach über 120 Jahren, nachdem es den Jesuiten wieder erlaubt war sich in Portugal niederzulassen, wurde die Quinta de Vale do Rosal 1880 dem Jesuitenorden wiedergegeben.
Sie sollte aber nie wieder die geistige und Bedeutung für den Orden erlangen, die sie einmal hatte.

Als am 04. Oktober 1910 in Almada die Republik in Portugal ausgerufen wurde, einen Tag bevor dies in Lissabon geschah, wurde das Landsgut von Revolutionären und Antiklerikalen überfallen, die Kapelle und das Gutshaus in Brand gesetzt und das ganze Anwesen geplündert und mutwillig zerstört.
Die Quinta de Vale do Rosal gelang wieder einmal in den Besitz des portugiesischen Staates.

Vier Jahre nach der Republikgründung stand die Quinta zum Verkauf.
Doch erst zwei Jahre später erwarb der Lissabonner Kaufmann João Carlos die Quinta de Vale do Rosal bei einer öffentlichen Versteigerung.
Am 16. Oktober 1916 unterschrieb er den Kaufvertrag und macht das Anwesen fortan zu seinem neuen Wohnsitz.
Bis zum heutigen Tag ist die Quinta de Vale do Rosal im Besitz der Familie Carlos geblieben.

Viele Portugiesen, auch viele Einwohner von Almada, wissen heute nicht mehr welchen wertvollen geschichtlichen Schatz sich im Umkreis ihrer Stadt befindet.
Aber die Quinta de Vale do Rosal ist nicht völlig vergessen, denn viele Brasilianer besuchen heute noch die Quinta regelmäßig um den 40 Märtyrern, Inácio de Azavedo und seine Begleiter, zu gedenken.

Es ist traurig, aber wahrscheinlich muss erst wohl die Katholische Kirche die 40 Märtyrer heilig sprechen, damit die kulturelle, geistige und geschichtliche Bedeutung dieses Landgutes hier, von den portugiesischen Behörden und der Stadt Almada, endlich richtig gewürdigt wird.

Dienstag, 22. Januar 2013

„Bitte, beeilen sie sich und sterben sie so schnell wie möglich!“


Wie ich heute Abend in den Nachrichten im Fernsehen verfolgen konnte, hat der japanische Finanzminister in der Hauptstadt Tokio, bei einem Treffen des dortigen Rates für die Modernisierung der japanischen Sozialversicherung, einen drastischen Reformvorschlag geäußert.

Der Minister meinte, alte Menschen, die Pflegefälle seien, die künstlich ernährt werden müssten oder auf eine andere Art und Weise dem japanischen Staat zur Last fallen würden, sollten sich doch bitte beeilen und so schnell wie möglich sterben!

Nun, mein japanisch ist leider nicht so gut, als das ich die Äußerungen des Ministers im wortlaut bestätigen oder dementieren könnte.
Aber ich will sowohl der portugiesischen RTP als auch der britischen BBC einmal Glauben schenken, das besagter Minister wohl diese geschmacklosen Worte von sich gegeben hat.

Auch wenn einem auf den ersten Blick die Äußerungen des japanischen Finanzministers grotesk erscheinen, so muss ich leider sagen, das es zwischen dem Land der aufgehenden Sonne und Portugal, meiner Meinung nach, heute gar keinen allzu großen Unterschied zwischen den zwei Nationen gibt, was den respektlosen Umgang mit Senioren angeht.
Nicht, das hiesige Politiker sich schon zu solch unglückseligen Worten hätten hinreißen lassen und ihre Senioren gebeten hätten, so schnell wie möglich zu sterben – aber wahrscheinlich nur, weil es bloß noch keinem von ihnen eingefallen ist…

Der Unterschied zwischen japanischen und portugiesischen Politikern ist der, das in Japan der Minister immerhin alte Menschen öffentlich darum „bittet“, sie mögen alsbald sterben.
Hierzulande dagegen aber, wünscht sich so mancher Politiker im geheimen, er könnte alten, demenzkranken, behinderten und pflegebedürftigen Menschen das gleiche sagen!

So gesehen sind die Japaner ehrlicher…
Was für eine verrückte Welt, in der alte Menschen einfach nichts mehr zählen, wie Dreck behandelt werden und als Last oder Problem angesehen werden!

Zum japanischen Finanzminister, er ist nach meinen Recherchen im Internet immerhin 72 Jahre alt, habe ich nur noch eines zu sagen:

„Bitte, bitte her Minister, tun sie ihrem Volk und der ganzen Menschheit einen Gefallen und sterben sie endlich!“

Sonntag, 20. Januar 2013

„Retrato de un rey sin reino“


Die größte und international bekannteste spanische Tageszeitung „El Pais“ publizierte in ihrer gestrigen Samstagsausgabe ein überaus interessantes Interview mit D. Duarte Pio, den Anwärter auf den portugiesischen Thron.

Das Interview mit dem Duque de Bragança (dt.: Herzog von Braganza), welches unter dem Titel „Retrato de un rey sin reino“ (dt.: Bild eines Königs ohne Königreich / port.: Retrato de um rei sem reino) erschien, führte der renommierte spanische Journalist Antonio Jiménez Barca.

In diesem Zeitungsinterview stellt der Herzog von Braganza seine eigene Meinung zur aktuellen politischen und sozialen Lage Portugals dar.
Er spricht offen über seine Befürchtungen, seine Sorgen und seine Hoffnungen für das Land.

Nach neuesten Umfragen können sich heute knapp 30 % der Portugiesen D. Duarte Pio als König eines Königreiches Portugal gut vorstellen.
Er selber hat nicht die Hoffnung aufgegeben, den Thron, der ihm seit seiner Geburt verwehrt wird, eines Tages doch noch besteigen zu können!

In einer Zeit, in der der größte Teil der portugiesischen Politiker hierzulande, egal welcher Partei sie auch immer angehören mögen, sich immer weiter vom Volk entfernen und immer mehr ihren guten Ruf verlieren, gibt sich der Herzog von Bragança weiterhin als das, was er immer war:
volksnah und ehrlich!
Wahrscheinlich weil man ihm, der er z.B. seit zehn Jahren immer das gleiche Auto fährt und der stets in der Economy Class reist, eher glaubwürdig abnimmt, das er die aktuellen Anstrengungen und Entbehrungen seiner Landsleute versteht.

Wer die spanische / portugiesische Sprache einigermaßen beherrscht, dem empfehle ich einmal das Interview in der online-Ausgabe des „El Pais“ selbst durchzulesen.

Der Link hierzu lautet: http://elpais.com/elpais/2013/01/18/gente/1358534234_042837.html

Immer mehr Portugiesen wollen einen König – und ich bin einer davon!

Dienstag, 8. Januar 2013

Principe Real

In Lissabon, im Stadtteil Mercês, gibt es einen öffentlichen Park und Platz, die beide den Namen Principe Real tragen.
Principe Real heißt, wörtlich ins deutsche übersetzt, „königlicher Prinz“.
Ich bin nun dieser Tage gefragt worden, welcher „königlicher Prinz“ der Namensgeber dieser Orte ist.

Man könnte meinen, da früher alle legitimen Söhne eines Königs oder einer Königin automatisch königliche Prinzen waren, könne wohl jeder mit Principe Real gemeint sein.
Aber in Wahrheit ist nur einer der „königlichen Prinzen“ der Namensgeber dieses wunderschönen Parks und Platzes, Mitten in Lissabon.

Aber zur Namensgebung komme ich etwas später.

Die Gegend, in der sich heute der ca. 1.2 ha große Park befindet, wurde schon Anfang des 15. Jahrhundert unter dem Namen Alto da Cotovia urkundlich erwähnt.
Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein war der Alto da Cotovia eine verwahrloste, heruntergekommene Gegend und nichts weiter als die Müllhalde für den nahe gelegenen Stadtteil Bairro Alto.
Im Jahre 1740 verkaufte die Stadt Lissabon das Land an die Gesellschaft Jesu (port.: Companhia de Jesus), die die Gegend von Müll und Unrat befreiten und an dieser Stelle eine Missionarschule der Jesuiten (port.: Colégio das Missões Jesuitas) errichteten. Wenige Jahre später, beim großen Erdbeben vom 01. November 1755, wurde die Schule aber leider völlig zerstört.

Nach dem Erdbeben brach in Lissabon das Chaos los. Raub, Plünderung und Mord waren in der ganzen Stadt an der Tagesordnung.
Zwar versuchte der Marques de Pombal der immer größer werdenden Gewalt, durch das Stationieren verschiedener Infanterieregimenter aus der portugiesischen Provinz, Einhalt zu gebieten. Aber nur mit der Zeit und mit sehr harter Hand konnte er sich in der Stadt durchsetzen.

Die Gegend am Alto da Cotovia schien unter keinem guten Stern zu stehen.
Das Infanterieregiment von Peniche, das aus dem Norden Portugals hierher verlegt worden war, um für Zucht und Ordnung zu sorgen, hatte hierbei nur geringen Erfolg.
Hinzu kam es, dass mehrere Bauvorhaben am Alto da Cotovia mit der Zeit kläglich scheiterten.
So plante man z.B. dort zunächst den Bau einer neuen Kathedrale (port.: Sé) für Lissabon, die aber niemals über den Rohbau hinausging, da dieser bei einem Brand völlig zerstört wurde. Auch der Bau des Königlichen Zentralschatzamtes (port.: Tesouraria Central do Reino), vergleichbar mit dem heutigen Finanzministerium, wurde hier aus Kostengründen niemals realisiert.
Mit den Jahren verwahrloste die Gegend erneut.
Die Ruinen der niemals erbauten Kathedrale boten zudem vielen zwielichtigen Gestalten, Mördern und Dieben, reichlich Unterschlumpf und viele in der Hauptstadt hielten alsbald den Alto da Cotovia gar für einen verwunschen Ort.

Im Jahre 1850 ging die Lissabonner Stadtverwaltung daran den Alto da Cotovia zu säubern, um hier, auf Wunsch Königin Maria II, einen öffentlichen Park und Platz zu errichten.
Der Park wurde, zur Zeit der Romantik, im englischen Stil erbaut, und die stattlichen Prachtbauten die sich mit der Zeit um den Platz bildeten, machten die Praça do Principe Real alsbald zur feinen Adresse.
Königin Maria II ließ den Park, nach seiner Vollendung im Jahre 1853, nach ihrem Sohn und Thronfolger Pedro benennen.

Wobei wir nun zur Erklärung es Namens kämen:

Der Name, der dem Park einstmals gegeben wurde, ist Jardim do Principe Real.
Principe Real (dt.: „königlicher Prinz“) ist ein Titel, der hier in Portugal nach der konstitutionellen Verfassung von 1822, nur an den ältesten Sohn und Thronfolger des jeweiligen Monarchen verliehen wurde, vergleichbar dem englischen Titel des „Prince of Wales“, der an den jeweiligen ältesten Sohn und Thronfolger des britischen Monarchen verliehen wird.
Alle anderen königlichen Sprösslinge in Portugal waren und sind Infanten von Portugal (port.: Infantes de Portugal).
Da der älteste Sohn von Königin Maria II Infante Pedro war, wurde ihm der Titel des Principe Real zuteil

Infante Pedro hieß mit vollem Namen Pedro de Alcântara Maria Fernando Miguel Rafael Gonzaga Xavier João António Leopoldo Victor Francisco de Assis Júlio Amélio de Saxe-Coburgo-Gotha e Bragança.
Man stelle sich nur vor, Königin Maria II hätte den Park nach dem vollen Taufnamen ihres Sohnes benannt
Da hört sich Jardim do Principe Real doch wesentlich besser an…

Nach dem Principe Real D. Pedro, dem zukünftigen König Pedro V, gab es nur noch drei Männer, die den Titel eines Principe Real trugen.
Diese waren:

- D. Carlos, der spätere König Carlos I

- D. Luis Filipe, Sohn von König Carlos I, der bei einem Attentat im Jahre 1908 mit seinem Vater starb

- D. Afonso, Bruder von König Carlos I, nach der Ermordung seines Bruders Carlos I und seines Neffen Luis Filipe erhielt er den Titel nur provisorisch

Es mag also vier Principes Reais (= Mehrzahl von Principe Real) gegeben haben, aber D. Pedro ist der wahre Namensgeber des Parks und des Platzes.

Nach dem Sturz der Monarchie im Jahre 1910 wurde der Park in Jardim França Borges, einem Journalisten der vornehmlich republikanischen Hetztiraden verfasste, umbenannt und der Platz wurde in Praça do Rio de Janeiro umgetauft.
In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde aus der Praça do Rio de Janeiro wieder die Praça do Principe Real, aber der Park behielt bis heute den Namen Jardim França Borges, obwohl ihn heute kaum ein Lissabonner unter diesem Namen kennt.

Heute ist der Jardim do Principe Real ein mit Wasserbecken, Rabatten, Kiosken und Denkmälern angelegter Park, in dessen Mitte eine uralte, auf Stelzen ruhende und weit ausladende Zeder steht, der zum verweilen einlädt – eine kleine grüne Oase inmitten der hektischen Hauptstadt!

Sonntag, 6. Januar 2013

Confeitaria Nacional



Am Donnerstag traf ich mich, nach der Arbeit, mit meiner Schwester Carla, meinem Schwager Egbert und meinem guten Freund Stefan Stalling in der Lissabonner Baixa, um mit ihnen ein Kaffee trinken zu gehen.
Wir trafen uns in der Confeitaria Nacional, einer der besten, wenn nicht gar die Beste Konditorei Lissabons.

Die Confeitaria Nacional (dt.: Nationale Konditorei) ist die älteste Konditorei Lissabons und seit fünf Generationen in der Hand derselben Familie.
Seit nunmehr 184 Jahren befindet sie sich an gleicher Stelle, an der Südseite der Praça da Figueira, obwohl sie ursprünglich nur aus dem Geschäftsraum bestand, dessen Fenster heute zur Rua da Betesga ausgerichtet sind.
Bereits sechs Jahre nach ihrer Gründung, wurde das Gebäude, das wir heute als Confeitaria Nacional kennen und dessen Front an der Praça da Figueira / Ecke Rua dos Correeiros liegt, käuflich erworben.

Begründer der Confeitaria Nacional war der aus dem nordportugiesischen Städtchen Vila Pouca de Aguiar stammende Geschäftsmann Baltazar Roiz Castanheiro.
Obwohl er nicht sehr viel vom Konditorhandwerk verstand, verstand er doch sehr wohl etwas von guter Geschäfts- und Personalführung, hatte Kreativität, gute Kontakte und war Innovativ.
So verkaufte er z.B. damals als einziger in der portugiesischen Hauptstadt Kuchen, Gebäck und Süßspeisen aus seiner Heimat Trás-os-Montes, die er nach mitgebrachten, gesammelten Originalrezepten nachbacken ließ – Spezialitäten die damals kaum einer in Lissabon kannte, und die sofort bei den Meisten ankam.
Dank seines Fleißes, seiner Zuverlässigkeit und seines schon erwähnten außerordentlichen Geschäftssinnes wurde Baltazar Roiz Castanheiro mit den Jahren einer der angesehensten Bürger Lissabons und 1860 wurde er gar von der Konditoren- und Bäckerinnung der Hauptstadt, der „Irmandade de Nossa Senhora da Oliveira“, zum Innungsmeister ernannt.
1869 überließ er die Confeitaria Nacional seinem Sohn Baltazar junior.
1873, 44 Jahre nach der Gründung seines Lebenswerkes, starb Baltazar Roiz Castanheiro senior als hoch geschätzter und respektierter Geschäftsmann in Lissabon.

Als sein Sohn Baltazar Roiz Castanheiro junior im Jahre 1869 die Geschäfte übernahm, behielt er die Geschäftsphilosophie seines Vaters bei, die da lautete „mit den besten Rohstoffen stets die beste Ware zu produzieren, um diese dann zum besten Preis zu verkaufen“!
Zusätzlich zu den traditionellen Konditor- und Backwaren, die schon sein Vater im Sortiment hatte, fing er auch an feinste Obstliköre und schmackhafte Früchtekompotte nach nordportugiesischer Rezeptur zu vermarkten – und zwar so erfolgreich, das er auf verschiedenen Ausstellungen in Lissabon, Wien, Madrid, Paris und sogar im fernen Philadelphia, in den USA, mit seinen Köstlichkeiten durchweg erste Plätze gewann.
Doch den durchschlagenden Erfolg hatte er zu Weihnachten 1870, als er anfing in seiner Confeitaria Nacional einen Kuchen anzubieten, der in kürzester Zeit die Portugiesen eroberte.

Im Sommer desselben Jahres hatte Baltazar Roiz Castanheiro junior, von einer seiner vielen Reisen durch Frankreich, das Rezept eines Kuchens mitgebracht, der in Frankreich zu Zeiten Ludwig XIV unter dem Namen „Gâteau roi“ (dt.: Königskuchen) bekannt war, aber im republikanischen Frankreich außer Mode gekommen war.
Er brachte nicht nur das Rezept aus Frankreich mit, sondern auch gleich zwei alte französische Konditormeister, und zu Weihnachten 1870 brachte Baltazar junior in der Confeitaria Nacional besagten Kuchen, unter dem Namen „Bolo Rei“ (dt.: Königskuchen), an den Mann.
Seit dieser Zeit gehört der „Bolo Rei“, dessen Originalrezept heute in einem Tresor der Bank von Portugal aufbewahrt wird, hierzulande genauso zu Weihnachten, wie der „Christstollen“ zu Deutschland!

Baltazar Roiz Castanheiro junior gelang es die Confeitaria Nacional, Dank seines innovativen Zeitgeistes, zu einem beliebten Markenzeichen zu machen – so beliebt, das selbst das Königshaus alsbald von dieser Konditorei Kenntnis nahm.
Am 28. Oktober 1873 ernannte König Luis I die Confeitaria Nacional zum Hoflieferanten!

Im Jahre 1913 übernahm der Urenkel des Firmengründers, Rafael Castanheiro Viana, von seinem Großvater Baltazar junior die Konditorei.
Nach ihm übernahm sein Sohn Rui Castanheiro Viana die Geschäfte.
Gemäß dem Motto „Tradition verpflichtet“, führt heute dessen Sohn, Rui Castanheiro Viana junior, das langjährige Familienunternehmen fort.
Wie seine erfolgreichen Vorfahren, so legt auch er großen Wert auf die Einzigartigkeit seiner Konditorei, die Qualität der Produkte und das im eigenen Haus ausgebildete Personal.
Und Senhor Rui freut sich immer, wen man bei ihm auf ein Café und ein Stück Torte vorbeischaut.

Schauen sie doch mal rein!